Endlich mal surfen lernen. Nicht so weit weg soll es sein, ein paar Ausflüge sollten drin sein. Und bitte schön warm, wenn ich mich schon in eiskaltes Atlantikwasser wage. Mit einer Freundin geht es also 10 Tage nach Marokko in ein Surf-Camp. Als ich aus dem Flugzeug steige, laufe ich wie gegen eine heiße, stickige, grelle und unsichtbare Wand. Und so erfahre ich die erste Farbe Marokkos direkt am eigenen Leib, denn Weiß steht für das gleißende Sonnenlicht. Die Hitze steht auf der Landebahn des kleinen Flughafens in Agadir. Nach genauer Angabe des Reisegrunds, vorbei an mehreren Checkpoints, schnappen wir uns unseren Koffer von dem Förderband und fragen uns auf Französisch zu den Mietwagen-Stationen durch. In einer Tour werden wir angesprochen und gefragt, ob wir Hilfe beim Koffertragen oder direkt ein Taxi brauchen. Nach etlichen Abweisungen steigen wir also in unseren Kleinwagen und düsen gen Surf-Camp in Aourir. Nach Ankunft öffnen wir die Auto-Türen und uns schlägt der immerwährende Wind entgegen. Die Kalkhäuser sind von den Sonnenstrahlen hell erleuchtet, die Fensterläden von Wind und Wetter gezeichnet und die Straßen staubig und dreckig. An der einen Ecke blühen die schönsten Blumen in den prächtigsten Farben und an der anderen Ecke sitzen die Straßenhunde/-katzen völlig verwahrlost im Müll – Weiß als Verkörperung der Reinheit kann ich hier leider nicht erkennen… dieses Land hat wirklich zwei sehr unterschiedliche Seiten! Das Innere des Surf-Camps ist dagegen wie eine Oase am Hang – inmitten von Grün stehen Himmelbetten und ermöglichen einen traumhaften Blick auf das Meer und die Surfer. In Marokko ist Grün aber nicht nur die Farbe der Natur, sondern auch die des Islams und genießt somit einen besonders hohen Stellenwert: So ziert das nationale Emblem (ein grünes Pentagramm als Siegel des Salomon) die Mitte der roten marokkanischen Flagge. Rot findet man auch zu Hauf in allen Abstufungen bis hin zu Ocker auf dem jeden Mittwoch stattfindenden Souk (dt.: Wochenmarkt). Hier gibt es neben jeder Menge eingelegten Oliven in Emailschüsseln und Obst- und Gemüseständen akkurat geformte Gewürzpyramiden aus Paprika oder dem „roten Gold“: Safran – eines der kostbarsten Gewürze der Welt. Harissa ist hier die uns wohl bekannteste Gewürzmischung und macht sich als „roter Scharfmacher“ aus Chili, Knoblauch, Kreuzkümmel und Olivenöl geschmacklich in vielen traditionellen Gerichten bemerkbar. Und so gilt es neben morgendlichen Yoga-Stunden auf dem Rooftop, anstrengenden Surf-Lessons und diverse Sundowner im Pool natürlich auch die traditionelle authentische Küche in den umliegenden Städten zu erkunden. Unweit von Aourir entfernt liegt Agadir. Hier findet der Souk El Had statt – der größte (Verbraucher-)Markt in Afrika. Die Händler geben hier ihr Bestes, preisen ihre Lebensmittel, bunte Kleidung und Lederwaren an und versuchen mit „thé à la menthe“ (dt.: Pfefferminztee) die Touristen in ihre kleinen Ladengeschäfte zu locken. Eine wahre Sinnes-Überforderung.
Eine 3-stündige Autofahrt von unserem Surf-Camp entfernt liegt die Hafen-Stadt Essaouria. Hier brechen die hohen Wellen, hier fliegen und schreien die vielen Möwen und warten auf die übrigbleibenden Fischkadaver der anlandenden Fischerbote in sattem Blau. Die Farbe Blau taucht auch in den Gassen und Häusern auf und schützt vor dem bösen Blick und soll so ursprünglich böse Geister fernhalten. Die „Hippie-Stadt“ ist ein Labyrinth vollgestopfter Läden mit dem immer gleichen Angebot: Textilien, Keramik und Gewürze, Esel-Karren, Straßenkatzen, Mofas und Fußgänger drängeln sich durch die engen Gassen. Wer hier ein Schnäppchen für Zuhause ergattern will, der muss handeln und hält sich am besten an die Regel: „Der Händler nennt dir einen Preis – Fang‘ du dann bei der Hälfte an zu verhandeln und wenn du ihn bei einem Drittel hast, schlag‘ zu!“ Um anschließend dem Geruch von totem Fisch, dem Lärm der Straßen und den Massen der Menschen zu entfliehen, laden über den Dächern der Stadt unzählige traditionelle Restaurants zu leckeren Tajines ein – hier kann man dann endlich zur Ruhe kommen und die Eindrücke Marokkos verarbeiten.
Nach diesem Urlaub habe ich neben einem kleinen Beni Ourain-Teppich und einer Keramik-Schüssel nicht nur Magendarmbakterien mit nach Hause genommen, sondern auch den geschärften Blick auf unser gutes Leben hier in Deutschland – wir sollten uns mehr darauf besinnen, die Sauberkeit schätzen, die Freiheit und Selbstverständlichkeit mit der wir uns (vorallem als Frauen) in unserem Land bewegen können, denn: Uns geht es hier verdammt gut!!!
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